Kondome testen, aber sicher!
homo.net Info vom 11. Juli 2024
von Webmaster Jan
Martin Goldstein (1927-2012), der unbestrittene Superstar der frühen Jugendaufklärung, veröffentlichte unter dem Pseudonym Dr. Sommer von 1969 bis 1984 in der Jugendzeitschrift Bravo die Rubrik „Was Dich bewegt“. Mit der Feststellung, Masturbation mache „weder krank noch schwul noch unfruchtbar“, brachte er Bravo 1972 auf den Index.
„Die Geschlechtsreife allein berechtigt noch nicht zur Inbetriebnahme der Geschlechtsorgane“, hieß es damals von unseren lieben Jugendschützern, als sie befanden, Dr. Sommer sei mal wieder zu weit gegangen. Seine Texte zum Thema Selbstbefriedigung wurden als jugendgefährdend eingestuft, obwohl sie ganz offensichtlich wissenschaftlich korrekt waren. Das aber durfte die deutsche Jugend damals noch nicht wissen.
Tabuwörter waren nicht nur Glied und Scheide, sondern insbesondere auch Lümmeltüten, Unaussprechliche, Überzieher und Glühwürmchen. Damals konnte man selbst gestandene Drogisten noch zum Erröten bringen, wenn man sie nach dem Unterschied zwischen den roten und den blauen Kondomen im Sonderangebot fragte. Bis zu „Tina, was kosten die Kondome“ war es noch ein weiter Weg.
Die Jugend von heute fragt da nicht mehr lange nach. Sie nimmt die Gummi-Wissenschaft selbst in die Hand. Zwei Schüler aus Geisenheim testeten das perfekte Kondom für das erste Mal. Unter 3.516 Jugendlichen bis 19 Jahren belegten sie damit den ersten Platz beim Wettbewerb „Jugend testet“.
Mit dem Gartenschlauch testeten sie die Berstfestigkeit. Mit Strom und Elektrolyten fahndeten sie nach kleinsten Löchern. Mit nassen Fingern versuchten sie, die Verpackung zu öffnen. Mit Gleitgel und einem Federkraftmesser prüften sie die Gleitfähigkeit.
Auch die Produktbeschreibung wurde von ihnen überprüft und beurteilt. In einer Online-Umfrage wurden die Mitschüler gefragt, ob die Beschreibungen verständlich genug sind, um sie auch beim ersten Mal auf Anhieb vollständig zu verstehen.
Den Jugendschützern von 1972 hätten die Haare zu Berge gestanden. Dr. Sommer wäre begeistert gewesen. Die Jury der Stiftung Warentest ist beeindruckt. Wir sind es auch.
Das Ergebnis ist erfreulich: Die heutigen Jungen lassen sich von anmaßenden Jugendschützern nicht mehr von sexueller Aufklärung abhalten. Aber auch: Alle getesteten Produkte waren dicht und reißfest, zuverlässig und sicher. Man kann also getrost zu günstigeren Kondomen greifen und damit das Taschengeldkonto entlasten.
Die Idee zum Test sei aus einem Witz entstanden, erzählt einer der jugendlichen Tester: „Man hat ja immer schmutzige Gedanken, wenn man von Kondomen hört. Aber es geht auch wissenschaftlich.“ Ein gelegentliches Kichern lässt sich beim Interview selbst nach so vielen wissenschaftlichen Berührungen nicht vermeiden.
Wie rührend. Trotz Internet und frühzeitiger Aufklärung, die schmutzigen Gedanken und das Herzklopfen vor dem ersten Mal sind geblieben. Aufatmen. Sonst wäre das Erwachsenwerden ja auch langweilig.
http://homo.net/news/kondomtest.html
Jungs klären sich selbst auf
Jan
Webmaster
vom homo.net Team